Geschichte
Josef André Gasser, oder wie ihn die älteren Lungerer nennen‚ «Lemä Kari’s André», ist heute der einzige Zeitzeuge der 1. Generation der Firma Gasser. Die Schwarz-Weiss-Fotos rufen in ihm manche Geschichte und Anekdote aus dem Erinnerungsschatz hervor.


Der eidgenössisch dipl. Maurermeister Karl Gasser-Meier, genannt «Lemä Kari», gründete 1922 die Firma Gasser Karl. Er heiratete Marie Gasser, geborene Meier, und auch drei Kinder stellten sich ein: Rosmarie (1928), Karl (1930) und André (1932). Nach der erfolgreichen Gründung von Firma und Familie forderte als nächstes das Vaterland von Karl Gasser-Meier einen Grosseinsatz. Sein Dienstbüchlein listet 809 Tage Aktiv- dienst auf, alle davon während des 2. Weltkriegs. Zum Glück konnte er während seiner Abwesenheiten die Geschicke der Firma seinem Vorarbeiter und Schwager Emil Meier, genannt «Schwendeln-Emil», anvertrauen. Trotz schwieriger Jahre während des Krieges gelang es, die Firma über Wasser zu halten und sie aufzubauen.
Schwierige Anfänge
Als André ungefähr zehn Jahre alt war, musste er einspringen, wenn Not am Mann war. Für Meliorationsarbeiten auf der Seewli-Alp war eine verhältnismässig grosse Baustelle eingerichtet. Das mit grossen Baumstämmen durchsetzte Geschiebe des Untergrundes, von einem Bergsturz stammend, musste in mühsamer Kleinarbeit ausgehoben werden. Die Arbeiten zogen sich in die Länge, das Budget war überstrapaziert und das Unternehmen Gasser gelangte an den Rand des Untergangs. Mutter Marie Gasser besorgte die Kantine für die damals zehn- bis fünfzehn-köpfige Belegschaft. André erinnert sich an Mittagessen mit Froschschenkeln aus dem Seewli oder an Käseschnitten, die er zum Zmittag von Lungern-Obsee im Rucksack zur Baustelle hoch- zutragen hatte.
Hauptarbeiten der 1. Generation
Die folgenden Aufträge liessen die Firma Gasser Karl wachsen:
- Maurerarbeiten für die in Lungern beheimatete Holzbau AG, welche in der ganzen Schweiz Holzchalets erstellte
- Fundamente für die BKW-Elektromasten sowie Arbeiten am Grimselwerk
- Uferschutzarbeiten am Lungerersee im Auftrag der CKW (Centralschweizerische Kraftwerke AG), ein dank Wasserstandsschwankungen alljährlich wiederkehrender Grossauftrag
- Beteiligung am Strassenbau beim Lopper in Hergiswil
- Zahlreiche Aufträge von Kanton und Gemeinden
- Um das Stammpersonal über den Winter zu beschäftigen, konnte die Firma für die SBB Schneeräumungsarbeiten auf dem Brünig ausführen und die Baumstämme von «Losholz» in den Wäldern von Obsee herrichten und an die Holzbau AG abgeben.

Der Jungbrunnen von Obsee
André absolvierte im Kantonsingenieurbüro in Sarnen eine Lehre als Tiefbauzeichner. Immer schon ehrgeizig, besuchte er anschliessend die kantonal-bernische Ingenieurschule (Technikum) in Burgdorf. Als junger Ingenieur konnte André Gasser anfangs der 50er-Jahre seine Kenntnisse im Betrieb umsetzen. Für die Brücke über die Laui, neben dem heutigen Firmensitz in der Walchi, steuerte er damals die Berechnungen bei. Die Ausführung des Bauwerks wurde als Pauschale, mit statischer Berechnung und Erstellung, übernommen. André Gasser erinnert sich gut, wie stolz sein Vater diese Brücke inspizierte.
Ebenfalls eine Herzensangelegenheit war für Vater Karl Gasser der Brunnen beim ehemaligen Restaurant Sonne. Diesen schenkte er aus Dankbarkeit seiner Heimatgemeinde Lungern-Obsee. Den Entwurf hatte André nach Leonardo Da Vincis Verhältnisprinzipien gestaltet. Klar, dass mit dem heute noch tadellos funktionierenden Brunnen auch die Erinnerungen sprudeln. Dieser Brunnen kann als fundamentaler Glücksbringer und Quelle der heutigen Gasser-Unternehmung betrachtet werden.
Aus dem Erinnerungsschatz
Andrés Lachfältlein kräuseln sich lustig, wenn er vom kriegserfahrenen amerikanischen Militär-Jeep schwärmt, dem ersten Firmenfahrzeug. Die Kugellöcher im Fahrersitz störten nicht, wenn Vater Karl und Magaziner Baschi Otti das Vehikel mit Winkeleisen für die Elektromasten der BKW beluden und zur Voralp Katze hinauffuhren. Sie störten auch André nicht, wenn er den Jeep zum Skifahren nutzen durfte und mehrere jubelnde Kollegen am Seil durch den Schnee zog.
Ingenieurkenntnisse sind eine Sache, geschäftliche Schlitzohrigkeiten eine andere. Auf der Baustelle für die Erschliessungsstrasse zum Stollenbau des Fruttwerks quittierte André Gasser als junger Ingenieur den Erhalt einer geschenkten Kiste Bier… und zeichnete damit unwissentlich das Monopol für den gewieften Sarner Bierfabrikanten als alleinigen Lieferanten auf dieser lukrativen Baustelle. Es folgte ein längerer Rechtsstreit.

Schweizer Konsul in Dubai
Für die Weiterführung des väterlichen Betriebs war der ältere Sohn Karl Gasser-Gasser vorbestimmt. 1956 übernahm dieser die Geschäftsleitung der Firma Gasser Karl. André folgte dem Lockruf einer Ausland-Karriere. Als selbstständiger Spezialist für Bodenmechanik und Massenbeton verbrachte er den Grossteil seines Berufslebens an fernen Destinationen wie Australien, Bermuda, Guernsey, Pakistan, Dubai, Indien, Mauretanien… Seine Ehefrau Annelies aber, geborene Sidler, traf er in der Skischule Pilatus Luzern, wo beide zwischendurch Skiunterricht erteilten. Die erste Tochter Sibylle wurde im pakistanischen Lahore geboren, Gabi in Luzern. Von 1975 bis 1985 amtete der Weltbürger auch als Schweizer Konsul in Dubai. Und als ersten Ruhesitz für über 17 Jahre wählte das Ehepaar schliesslich Mexiko, bevor sie 2016 in die Schweiz zurückkehrten.

Josef André Gasser
Beruf: Ingenieur
Jahrgang: 1932
Wohnort: Malans, GR
Vater: Karl Gasser-Meier «Lemä Kari», Unternehmensgründer
Mutter: Marie Gasser-Meier
Susi Schildknecht