KW Sousbach, Lauterbrunnen (BE)
Die Geologie beim KW Sousbach zeigt sich auch im Jahr 2022 von ihrer unberechenbaren Seite und stellt die Gemeinschaft aus Bauherr, Planer und Unternehmer vor grosse Herausforderungen. Geduld und Ausdauer sind gefragt.
Wie im Felssplitter berichtet, haben geologische Unwägbarkeiten alle Involvierten stark gefordert sowie Anpassungen in der Projektierung und in der Ausführung notwendig gemacht. Insbesondere ist der Standort für den Lotschacht weiter in den Berg hinein verlegt worden, damit dieser in besseren geologischen Schichten zu liegen kommen soll.
Vorbereitungen für die Arbeiten 2022
Bereits Anfang April konnte der Schnee zur Baustelle «Hacketewald» geräumt werden. Anschliessend nahm unser Team die aufgrund der Projektanpassung erforderlichen Umbauten auf dem Installationsplatz und im Untertagebereich vor. Dank dieser Massnahme können der Sprengvortrieb im Rohrstollen II und der Bau des Lotschachts zwecks Terminoptimierung des Gesamtprojekts zeitlich parallel realisiert werden.
Technik Raise boring
Das herausforderndste Bauteil, der 380 m tiefe Lotschacht, wird durch die Subunternehmerin Marti GmbH Österreich im Raise boring-Verfahren ausgebrochen. Die Pilotbohrung weist einen Durchmesser von 127/8 Zoll (327 mm) auf und ist aufgrund der Projektvorgaben zur Bohrgenauigkeit mit einem Richtbohrsystem (Rotary Vertical Drilling System RVDS) ausgestattet. Nach dem Durchbruch in die Schachtfusskaverne wird am Gestänge ein Aufweitungsbohrkopf, der sogenannte Reamer, mit einem Durchmesser von 2.13 m befestigt. Der Lotschacht wird durch Hochziehen des Gestänges von unten nach oben mechanisch aufgeweitet.
Erneut ungünstige Geologie
Bereits bei der Aufnahme des Sprengvortriebs im Rohrstollen II trafen unsere Mineure auf sehr ungünstige Geologie. Das Losen des heterogenen Gesteins und der damit verbundene hohe Sicherungsaufwand gestalteten sich äusserst anspruchsvoll. Beim Lotschacht zeigte sich aus geologischer Sicht leider dasselbe Bild. Schlagartige und komplette Spulwasserverluste, die sich aufgrund grossräumiger Klüfte ereigneten, verunmöglichten immer wieder eine Weiterführung der Pilotbohrung. Daher musste das Bohr-Team etliche Male das Gestänge ausbauen, die zerklüfteten Bereiche zementieren, nach der Aushärtungszeit das Gestänge wieder einbauen und die zementierten Bereiche überbohren, bevor der Bohrvorgang im Fels wieder starten konnte.
Ausblick
Wir hoffen, die geologisch ungünstigen Bereiche bald hinter uns lassen zu können. Bis zum Winterunterbruch 2022/23 möchten wir uns über viele Laufmeter Rohrstollen II und über die Fertigstellung des Raise borings freuen können. 2023 stehen die Fortführung des Sprengvortriebs Rohrstollen II und die Verkleidung des Lotschachts an. Dank unserer vielfach erprobten Flexibilität und der guten Zusammenarbeit aller Involvierten sind wir trotz der Widrigkeiten überzeugt, das Wasserkraftprojekt auf erfolgreichem Kurs halten zu können.
Technische Daten
Raise boring Lotschacht
Tiefe 380 m
Ausbruchdurchmesser 2.13 m
SPV Rohrstollen II «Hacketewald»
Vortriebslänge 1’550 m
Ausbruchquerschnitt 12 – 15 m2
Thomas Aschwanden