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Wasserkraftwerksbau: Geologie bestimmt Projektierung und Bauabläufe

KW Sousbach, Lauterbrunnen (BE)

Das Innere eines Berges bleibt auch mit geologischen Untersuchungen bis zu einem gewissen Grad eine Blackbox. Der knapp 50 Mio. Franken Investitionen umfassende Wasserkraftwerksbau am Sousbach fordert die Planung und Ausführung in ihrer Anpassungsfähigkeit.

Grossprojekt über vier Jahre: Der Bau des Wasserkraftwerks Sousbach

Im Auftrag der Kraftwerk Sousbach AG bauen wir nahe Lauterbrunnen (BE) ein Wasserkraftwerk, welches das Wasser von der Fassung über einen Schrägstollen in einen Lotschacht und schliesslich erneut über einen Schrägstollen in die Zentrale leitet. Das Bauvorhaben beschäftigt bis zu 25 Mitarbeitende. Durch das gesamte Projekt ziehen sich geologische Unwägbarkeiten, welche alle Involvierten stark fordern und Anpassungen notwendig gemacht haben.

Zwischenangriff neu geplant

Bereits beim neu rund 1’030 m langen Rohrstollen I «Sandweidli» trafen unsere Mineure auf unerwartet lange Strecken ungünstiger Geologie, was den notwendigen Sicherungsaufwand erheblich steigerte. Aus diesen Aufschlüssen und den Erkenntnissen einer Sondierbohrung wurde nun der Standort für den Lotschacht weiter in den Berg hinein verlegt. Der durch die Marti GmbH Österreich im Raise-Boring-Verfahren zu erstellende, 380 m tiefe Schacht kommt somit in besseren geologischen Schichten zu liegen. Dies bedeutete auch, dass der zum Bau benötigte Zwischenangriff «Hacketewald» umgeplant werden musste. Statt eines 30 m langen Zufahrtsstollens fahren wir nun einen 200 m langen Stollen sprengtechnisch auf, um dann am tiefer im Berg liegenden Standort die etwas grössere Schachtkopfkaverne auszubrechen. Anstelle von 700 m3 ergeben sich nun 5’000 m3 Ausbruch.

KW Sousbach, Lauterbrunnen (BE)
Längenprofil

Streckenvortrieb

Der verlängerte Zufahrtsstollen beim Zwischenangriff «Hacketewald» weist einen Ausbruchsquerschnitt von 22.58 m2 in der Sicherungsklasse 3 (SK 3) und 24.65 m2 in der SK 4 auf. Am 19. Mai wurde mit dem Anschiessen gestartet und am 7. September hatten unsere Mineure die 200 m aufgefahren. Auf den ersten 100 Tunnelmetern war die Geologie erneut sehr schlecht und es mussten 95 Stück 3-Gurt-Gitterträger eingebaut werden, was natürlich Einfluss auf das Bauprogramm hatte. Zum Vortrieb wurde ein zweiarmiger Bohrwagen mit Personenkorb vom Typ Epiroc Boomer E2C eingesetzt. Die Schutterarbeiten wurden mit einem 27 t-Radlader durchgeführt, in der Gewölbesicherung kamen ein Spritzmobil Sika PM 500 sowie ein 7.2 t- Raupenbagger zum Einsatz.

KW Sousbach, Lauterbrunnen (BE)
Zugangsstollen «Hacketewald» mit Gitterbogeneinbau

Die Schachtkopfkaverne

Danach machte sich das Team daran, die 23 m lange, 10 m breite und 10.6 m hohe Schachtkopfkaverne im Teilausbruchverfahren auszubrechen. Die Schachtkopfkaverne wurde mit demselben Inventar wie der Zugangsstollen aufgefahren. Um die Schachtkopfkaverne herum wurde ein Umgehungsstollen erstellt, welcher eine Länge von 64 m und einen Ausbruchquerschnitt von 13.38 m2 in der SK 3 aufweist. Im Jahr 2022 werden von hier aus die Arbeiten am Lotschacht und am Rohrstollen II «Hacketewald » parallel in Angriff genommen.

KW Sousbach, Lauterbrunnen (BE)
Spritzbetonumschlag zum Spritzmobil

Logistik wird komplexer

Die Zufahrt zum Zwischenangriff «Hacketewald » erfolgt über eine schmale Bergstrasse, was ein besonderes Augenmerk auf die Logistik erfordert. Durch die geologisch bedingten Projektänderungen muss nun viel mehr Ausbruchmaterial über die Bergstrasse abgeführt werden und kann nicht, wie ursprünglich geplant, durch den Lotschacht in den Rohrstollen I «Sandweidli » geschuttert werden. Unser Installationsund Materialumschlagplatz im Hacketewald gibt nur geringe Zwischenlagerflächen her. Für uns bedeutet dies, dass sämtliches Ausbruchmaterial schnellstmöglich aufgeladen und abgeführt werden muss. Eine Aufgabe, die unser Subunternehmer, die ARGE Zumbrunn Sandweidli, tadellos erledigt. Pro Arbeitstag werden rund 28 LKW-Fuhren Ausbruchmaterial abgeführt, was mit vier bis fünf Lastwagen durchgeführt wird. Ausserdem werden durchschnittlich drei Fuhren à 5 m3 Spritzbeton pro Tag benötigt.

KW Sousbach, Lauterbrunnen (BE)
Portal Zugangsstollen «Hacketewald»

Rohrstollen I bald fertig

Ab Tunnelmeter 350 wurde im Rohrstollen I «Sandweidli» endlich die prognostizierte Geologie angetroffen, sodass zügig ausgebrochen werden konnte. Fast die gesamte verbleibende Strecke konnte in Sicherungsklasse 2 aufgefahren werden. Dabei besteht die Sicherung aus Stahlfaserspritzbeton, Reibrohr- und Mörtelankern. Für die Fahrpiste wird ein Sohlenbeton eingebaut. Im Laufe des Dezembers ist der Ausbruch der Schachtfusskaverne vorgesehen, welche für den Bau des Lotschachtes benötigt wird. Kommen die restlichen Arbeiten planmässig voran, kann der Sprengvortrieb im Rohrstollen I bis zu Weihnachten abgeschlossen werden.

KW Sousbach, Lauterbrunnen (BE)
Streckenvortrieb im Rohrstollen I «Sandweidli»

Wasserfassung «Sousläger»

Ende Mai 2021 konnten die Arbeiten im Gebiet Sousläger in Angriff genommen werden. Nach einer aufwendigen Installationsphase begannen die Bauarbeiten mit dem Voreinschnitt des Zufahrtsstollens. Der Voreinschnitt konnte fast gänzlich im Felsen gebaut werden. Zur Baugrubensicherung haben wir eine Nagelwand mit Felsnägeln erstellt. Anschliessend konnten die bergmännischen Arbeiten für Zufahrtsstollen, Sandfang und Apparatekammer beginnen. Die angetroffene geschieferte Erzegg-Formation konnte gut im Sprengvortrieb durchörtert werden. Dabei kamen die Sicherungsklassen 3 und 4 zur Anwendung. In Klasse 4 wurde mit 4-Gurt- Gitterträgern, Netzen und Spritzbeton gesichert. Speziell an den Ausbrucharbeiten ist das gedrungene Ausbruchprofil mit einer Breite von 3.4 m und einer Höhe von 7.8 m. Dadurch musste der Ausbruch in Kalotte und Strosse unterteilt werden. Die Kalotte ist fertig ausgebrochen und gesichert, die Strosse konnte bis zur Hälfte ausgebrochen werden. Die Fertigstellung erfolgt im Jahr 2022. Parallel zum Sprengvortrieb wurde im Fassungsbereich des Wasserkraftwerks der Felsabtrag ausgeführt. Die Ausbrüche dienen der künftigen Anlage für Wehr, Grundablass, Kiesfang und Steuerraum. Die Felssicherung wurde mit einer Nagelwand ausgeführt. Der Abtrag wurde bis auf das Niveau der Stollenkalotte erstellt. Die restlichen Arbeiten im Jahr 2022 erfolgen unter Einsatz einer Wasserhaltung.

KW Sousbach, Lauterbrunnen (BE)
Baustelleninstallationsplatz «Sousläger»

So geht es weiter

Im neuen Jahr erfolgen im Rohrstollen I «Sandweidli » die Fertigstellungsarbeiten mit Mörtelanker und Spritzbeton. Währenddessen befinden sich die Vortriebsstellen «Hacketewald» und «Sousläger» in der Winterpause. Nach Ostern wird der Schnee zur Baustelle «Hacketewald» geräumt und es folgt das herausforderndste Bauteil, der 380 m tiefe Lotschacht. Durch die Subunternehmerin Marti GmbH Österreich wird ab Mitte April 2022 das Raise Boring ausgeführt. Parallel dazu erfolgen die Sprengarbeiten unserer Mineure am Rohrstollen «Hacketewald». Die Arbeiten an der Fassung im Sousläger können je nach Schneesituation ab Ende Mai 2022 wieder aufgenommen werden. 2025 soll das Kraftwerk in Betrieb gesetzt werden. Dank unserer breiten Kompetenzpalette und der vielfach erprobten Flexibilität sind wir gemeinsam mit den Planenden in der Lage, das Wasserkraftprojekt auf erfolgreichem Kurs zu halten.

So entsteht das Wasserkraftwerk Sousbach. Video: BKW AG
KW Sousbach, Lauterbrunnen (BE)
Stollen «Sandweidli» mit 20 % Steigung

Technische Daten

Zugangsstollen Zwischenangriff «Hacketewald»

Felsausbruch 5’000 m3
Reibrohranker 3 m / 4 m 500 Stk.
Spritzbeton 1’000 m3
Gitterträger 24 t
Spiesse 500 Stk.

Kaverne «Hacketewald»
Felsausbruch 2’300 m3
Reibrohranker 3 m / 4 m 250 Stk.
Mörtelanker 3 m / 6 m 260 Stk.
Spritzbeton 200 m3

Adrian Burlon / Hans-Matthias Liechti

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