Sihltalstrasse, Adliswil (ZH)
Die Stützmauer «untere Holzgrube» befindet sich talseitig der Sihltalstrasse in der Zürcher Gemeinde Adliswil. Die Verankerung des Bauwerks aus den 1970er-Jahren wurde 2021 überprüft. Dabei wurde festgestellt, dass eine Verstärkung notwendig ist: 33 permanente, je 18 m lange Litzenanker in Beton-Longarinen sollen für langfristige Stabilität sorgen. Als Subunternehmer der Marti Bauunternehmung Zürich durften wir bei der Verstärkung dieser Stützmauer entscheidend mithelfen.
Wer aus der Zentralschweiz nach Zürich fährt, nimmt heutzutage die Autobahn durch das Knonaueramt. Früher ist man durch das idyllische Sihltal gefahren und hat die Stützmauer «untere Holzgrube» meistens unbemerkt passiert. Sie dient der Überbrückung des Geländesprungs von der Bahnlinie der Sihltalbahn (SZU) zur oben liegenden Kantonsstrasse – so eingebettet, bleibt kaum Arbeits- und Installationsplatz für die Sanierungsarbeiten.
Minimaler Installationsplatz
Genau für solche beengten Raumverhältnisse sind wir bestens ausgestattet und haben einen spezialisierten Maschinenpark. Der minimale Abstand der Gleisachse zur Aussenkante der Stützmauer beträgt hier gerade mal 3.5 m. Dies bedeutet, dass wir rund 2 m Platz zum Ankerbohren hatten. Damit in diesem Bereich jedoch gearbeitet werden konnte, musste die Fahrleitung der Sihltalbahn ausgeschaltet werden. Während kurzen Nachtintervallen von knapp drei Stunden war dies jeweils möglich. In der Angebotsphase wurde der Inventareinsatz bereits detailliert auf die jeweiligen Situationen abgestimmt. Mit dieser Grundlage konnten wir direkt in die Arbeitsvorbereitung starten und den Einsatz der Maschinen weiter verfeinern.
Tagschicht: Raupenbohrgerät
Für die Tagschichten wurde das Bohrgerät Comacchio MC 4 gewählt. Es kam ein extrastarkes Gerüst zum Einsatz, damit wir das Bohrgerät mit 5 t Eigengewicht darauf fahren konnten. Auf dem oberen Gerüstlauf waren die Platzverhältnisse noch einigermassen komfortabel und wir konnten mit 1 m langen Verrohrungen arbeiten. Dank unserem eingespielten Team haben wir eine sehr gute Leistung erreicht und konnten schon bald das Gerät auf die untere Gerüstebene verschieben. In diesem Bereich war der Platz extrem limitiert: Zwischen Maschine und Gerüst konnte man sich praktisch nicht mehr bewegen. Die Lafette des Bohrgeräts wurde auf ein Minimum von 2.24 m eingekürzt. Weiter mussten die Gerüststreben örtlich entfernt werden, dies fand in Absprache mit dem Gerüstbauer statt. Gebohrt wurde hier mit 0.5 m langen Gestänge-Einheiten, mit dem Vorteil, dass diese handlicher sind. Auch diese Herausforderung wurde von unseren Spezialisten bestens gemeistert.
Nachtschicht: Schreitbagger
Von den insgesamt 33 Ankern konnten 9 Stück nicht mit dem MC 4 gebohrt werden. Für diese musste unter Sperrung der Bahnlinie auf die Nachtschicht und einen Schreitbagger ausgewichen werden. Eine Schicht sah knapp drei Stunden für das Bohren und den Einbau der Anker vor. Mit einem minutenscharfen Bauprogramm wurden die Arbeiten im Vorfeld geplant. In Absprache mit dem Bahnbetreiber konnten wir mit einem Schreitbagger ins Gleisfeld fahren und von dort aus die unten liegenden Litzenanker bohren. Dank der Erfahrung aus der Tagschicht war man bereits vertraut mit der Geologie und wusste, dass keine grösseren Bohrhindernisse zu erwarten waren. Der geplante Zeitrahmen ging dank unseren bestens ausgebildeten Maschinisten auf – die ihr Gerät auch im anspruchsvollen Umfeld stets im Griff hatten.
Delikater Ankereinbau
Für den Einbau der Anker haben wir einen kleinen Pneukran eingesetzt. Die Anker waren auf Bobinen gerollt und wurden fliegend versetzt. Hier war Feinarbeit des Kranführers gefragt, damit die 18 m langen Litzenanker exakt zwischen den Leitungen der Bahn eingefädelt werden konnten. Die letzten fünf Anker wurden mit dem Schreitbagger von der oben liegenden Kantonsstrasse aus gebohrt. Dazu musste die Absturzsicherung des Gerüsts teilweise rückgebaut werden. Damit unsere Mitarbeitenden trotzdem effizient und sicher arbeiten konnten, haben wir eine Hebebühne aus unserem Fuhrpark organisiert. Mit dieser konnten der Stangenwechsel und der Einbau der Anker gut umgesetzt werden.
Spannende Vorspannung
Bei Litzenankern zeigt sich die Qualität der Arbeit erst zehn Tage nach der letzten Zementinjektion – dann nämlich können die Anker vorgespannt und geprüft werden. Die Ankerprüfung hat die Firma Stahlton ausgeführt. Gespannt wartete man auf die ersten Resultate. Bald schon kam die positive Nachricht, dass die geprüften Anker halten und die aufgebrachten Kräfte in den Baugrund abgegeben werden. Zügig konnten danach die restlichen Anker gespannt werden mit 100 % Erfolgsquote. Zuletzt wurden die Messanker verkabelt und an einen gemeinsamen Ort zusammengeführt. Dort kann die Bauherrschaft jederzeit die Kräfte und die Widerstände der Anker prüfen, was das Lebenszyklus-Management des Bauwerks gegenüber dem vorherigen Zustand deutlich vereinfacht. Noch vor Weihnachten wurde das Gerüst rückgebaut und wir konnten unsere Arbeiten nach rund zwei intensiven Monaten abschliessen.
Stützmauer-Sanierungen
Es ist eine häufige Problemstellung von Bauherren: Alternde Bauwerke fit machen für die heutigen Anforderungen und deren Lebensdauer erweitern. Gerade öffentliche Bauherrschaften stehen vor dieser Herausforderung. Das Bundesamt für Strassen ASTRA und die Tiefbauämter auf Kantons- und Gemeindeebene haben viele Stützmauern in ihrer Verantwortung, welche aus dem Zeitraum 1965 bis 1985 stammen und damit das Ende ihres Nutzungszeitraums erreichen.
Mit einer Sanierung kann die Nutzungsdauer einer Stützmauer stark verlängert und diese neuen Anforderungen gerecht werden. Meist muss dabei die Verankerung durch neue permanente Anker ersetzt werden. Mit unserem äusserst flexiblen Inventarpark werden wir den jeweiligen Platzverhältnissen und der Geologie gerecht. Zur Erfüllung der hohen Ansprüche verfügen wir über die richtigen Spezialisten.
Markus Müller