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«Lehrlingsausbildung gehört für mich zu unserer Kultur»

Jürgen Zumstein

Wenn sich Umsatz und die Mitarbeiterzahl fast verdreifachen, innovative Projekte im Lungerer Felsen entstehen und fünf neue Lehrberufe angeboten werden – dann ist auch die Administration eine richtige Challenge. Jürgen Zumstein (62) hat als Kaufmännischer Leiter die Wachstumsphase ab den Nullerjahren miterlebt. Nun wird er pensioniert.

Pascal Limacher: Seit fast 20 Jahren bist du bei der Gasser Felstechnik AG tätig. Wie kam damals eigentlich dein Wechsel zur Firma zustande?

Jürgen Zumstein: Nach ähnlich langer Zeit in meiner vorherigen Aufgabe suchte ich eine berufliche Veränderung. Auf einem grossen Packpapier an der Küchenwand sammelte ich Ideen. Da hing unter anderem auch ein Inserat vom Zirkus Knie, welchere einen Buchhalter suchte. Unsere drei Kinder gingen noch zur Schule, die Nähe zu meiner Familie war mir immer wichtig, und so verzichtete ich auf das Zirkusleben. Und da hing eben auch ein Inserat von Gasser Felstechnik, obwohl ich damals nicht mit der Baubranche verbunden war. Ich erinnere mich nicht mehr genau an den Grund für meine Bewerbung bei Gasser Felstechnik. Ein erstes Vorstellungsgespräch bei einem externen Personalvermittler ging komplett in die Hosen. Wir waren uns völlig unsympathisch, es gab für mich keinen Grund, meine Bewerbung aufrechtzuerhalten. Es kam dann trotzdem zu einem Gespräch mit Thomas Gasser in Lungern. In seiner mitreissenden Art erzählte er mir ausführlich, wie er die Firma führt und was für Ideen er hat. Ich war fasziniert und dachte, genau so will ich arbeiten, egal in welcher Branche

Jürgen Zumstein
Jürgen Zumstein

Das Unternehmen befand sich in einem starken Wachstum. Wie war das?

Thomas sagte mir beim Vorstellungsgespräch, bei 140 Mitarbeitenden sei dann endgültig Schluss. Aber eigentlich hatte es erst gerade angefangen. Fast monatlich kam etwas Neues dazu. Der Bau der Schiessanlage Brünig Indoor und der Ausbau der Cantina Caverna prägten zum Beispiel diese Phase. Auch der ifa Brandschutztunnel kam später dazu. Laufend musste die interne Organisation ausgebaut werden. Thomas Gasser hatte ein Flair dafür, Menschen, von denen er überzeugt war, für die Arbeit bei ihm zu gewinnen, noch bevor die Aufgaben exakt definiert waren. Er rekrutierte so gute und langjährige Mitarbeiter. Er hat seine Angestellten geschätzt und respektiert, ist jedem auf Augenhöhe begegnet, hat viel verlangt, aber auch gegeben, vor allem auch Vertrauen. Spannend für mich in dieser Zeit war auch die Buchführung innerhalb von Arbeitsgemeinschaften, oft auch mit Grossunternehmen. Wir konnten unseren guten Ruf bei den verschiedenen ARGE-Partnern weiter ausbauen, sodass wir innerhalb von ARGEn meistens mit der Buchführung betraut wurden. Solche ARGE-Aufträge mit Firmen wie Strabag, Zschokke oder Batigroup (letztere ist heute Implenia) überstiegen teilweise unseren damaligen Jahresumsatz. Regelmässig konnte ich spektakuläre Orte und Baustellen sehen, wie die Kraftwerkanlagen in der Grimsel oder Arbeiten am Gotthard-Basistunnel. Speziell in Erinnerung bleibt mir eine Anreise im Winter zu einem Anlass im Grimsel-Hospiz. Wegen meiner Verspätung war der Besucherbus bei der Gerstenegg schon abgefahren, und ich musste mit meinem Privatwagen allein durch das Labyrinth in der Grimsel fahren und letztlich eine Seilbahn zum Hospiz selbst bedienen. An diesem Tag führte mich wohl die Heilige Barbara (lacht).

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Der naturverbundene Leser

Als Kaufmännischer Leiter wurdest du dann in die Geschäftsleitung berufen. Wo hast du den Hebel angesetzt?

Ich war bereits vorher als Protokollführer bei den Geschäftsleitungssitzungen dabei, es änderte sich für mich nicht viel. Bereits vorher konnte ich meine Gedanken einbringen. Die damals noch etwas einfachere Kostenrechnung war nach Stellenantritt ein Thema, die Buchhaltung lief damals noch auf einem DOS-Betriebssystem. Die Evaluierung und Einführung einer zukunftsgerichteten ERP-Software und der Aufbau einer integrierten Kostenrechnung beschäftigten mich damals stark. Etwas später trennten wir dann das Personalwesen organisatorisch vom Rechnungswesen und bauten die nötigen personellen Kapazitäten aus.

Neben der Buchhaltung warst du auch für das Lehrlingswesen verantwortlich. Lag dir das am Herzen?

Unsere Berufsbildung ist aus meiner Sicht etwas ganz Wichtiges. Aus Sicht der Firma konnten wir viele talentierte Mitarbeiter für uns gewinnen. Aber ich bin ja auch Vater von drei Kindern und kenne auch die Perspektive, wenn es um die Lehrstellensuche geht. Und vor allem finde ich, in unserer Gesellschaft hat die Berufsbildung einen extrem wichtigen Part. Als junger Mensch wirst du schon früh ernst genommen und erhältst Verantwortung. Ich kann mir nichts Besseres vorstellen, damit die Generationen zusammenfinden. Es ist nicht nur so, dass die Jungen von den Älteren lernen, sondern auch gerade umgekehrt. Es gibt kaum ein anderes Land, in dem die gesellschaftliche Integration von Jugendlichen so gut funktioniert und so viele Möglichkeiten bestehen wie bei uns. Lehrlingsausbildung gehört für mich zu unserer Kultur und zu unserem Leben. Beinahe mein ganzes Berufsleben konnte ich Lernende ausbilden. Bei der Gasser Felstechnik gab es bei meinem Eintritt drei Lehrberufe. Das bauten wir über die Jahre bis auf acht verschiedene Lehrberufe aus. Bildung bleibt für unsere Firma wichtig, nicht nur die Ausbildung, auch die Weiterbildung der Mitarbeitenden wird stark unterstützt. Auch nach meiner Zeit in der Geschäftsleitung verblieb die Koordination des Lehrlingswesens bei mir und ich konnte hier die Interessen vertreten.

Jürgen Zumstein
Wandern mit Weitsicht

Welche Projekte bleiben dir besonders in Erinnerung?

Vor allem die Baustellen. Die Firma hatte schon vor längerer Zeit damit begonnen, sich zu spezialisieren: Sprengarbeiten, Untertagebau, Felssicherung. Man wagte sich an immer herausforderndere Projekte. Das hat mir imponiert. Speziell in Erinnerung bleibt mir sicher die grosse Sicherheitssprengung am Chapf im Jahr 2001, welche eine enorme Medienpräsenz hatte. Immer wieder wurden grosse Widerstände überwunden, beispielsweise auch bei der Felssicherung am Lopper mit dem Stellen eines Krans mitten in der Felswand. Der absolute Wille, in den einzelnen Projekten Grenzen zu überwinden, hat mich begeistert.

Inwiefern hat sich dein Beruf im Laufe der Zeit verändert?

Als ich meinen Beruf aufnahm, hatte man für jedes Konto im Kontenplan noch ein physisches Kartonblatt. Wenn man von der Bilanz gesprochen hat, konnte man eine Kiste hervorholen. Zum Erlernen der Buchhaltung war das sehr geeignet. Der Computer hat viele Arbeiten wesentlich verkürzt, aber auch abstrakter gemacht. Kopiergeräte führten zu riesigen Papierfluten und Bedarf an Archivplatz. Heute gibt man hier wieder Gegensteuer mit der Digitalisierung von Prozessen. Generell haben auch rechtliche Aspekte klar an Bedeutung gewonnen.

Man sagt dir einen feinen Sinn für Humor nach. Gibt es da eine Anekdote?

Also, Witze erzählen kann ich nicht, die kann ich mir auch nicht merken. Mein Humor entsteht mehr aus der Situation. Für mich fängt Humor an, sich selbst nicht zu ernst zu nehmen. Über den eigenen Tritt in Fettnäpfchen lachen zu können, die Situationskomik. Zum Humor gehört für mich aber auch immer der Respekt vor dem Gegenüber dazu. Wenn mir jemand einen feinen Sinn für Humor attestiert, ist das mit Sicherheit jemand, der sich selbst auch nicht allzu ernst nimmt und mit sich selbst im Reinen ist. Lachen ist für mich schon sehr wichtig, ebenso, mal über schwierige Dinge lachen zu können. Die Gefühle von Angst, Überforderung, aber auch Lachen gehören für mich nahe zusammen – denn Humor kann über vieles hinweghelfen.

Jürgen Zumstein
Mit seinen Grosskindern ist Jürgen gerne im Wald unterwegs

Mit der Pensionierung beginnt ein neuer Abschnitt. Worauf freust du dich am meisten?

Zeit zu haben für die Familie. Das dritte Grosskind ist auf dem Weg. Einige Dinge sind bereits gegeben: So werde ich die Grosskinder hüten, aber auch mehr Zeit mit meinem Vater im Solothurnischen verbringen dürfen. Dann hätte ich immer gerne mehr Zeit für Haus und Umgebung. Ich freue mich auch darauf, mir an einem schönen Tag einfach die Freiheit nehmen zu können, raus in die Natur auf eine Wanderung zu gehen. Ich freue mich sehr, mehr Zeit zum Lesen zu haben. Meistens bin ich zwei, drei Bücher gleichzeitig am Lesen. Romane, Lebensschulung. Was ist wirklich wichtig im Leben? Zeit zu haben für sich, für Begegnungen, zu philosophieren. Ich habe meine Arbeit stets gerne gemacht, aber da ist schon immer ein gewisser Druck auf Effizienz. Ich bin glücklich, gesund zu sein, dass ich noch Energie habe. Und ich möchte mich auf das Einfache, auf das Wesentliche besinnen und mit Dankbarkeit leben.

Besten Dank für das Gespräch, Jürgen.

Pascal Limacher

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